Freitag, 19. Oktober 2007
Narcotics Anonymous
Nach meinem letzten Rückfall wurde mir wieder einmal mehr deutlich dass die Zeit nicht für, sondern gegen, mich arbeitet.

Ich dachte nie dass es etwas bringt über Probleme zu reden. Es ändert ja nichts, es manifestiert es nur. Nietzsche sagte schon dass es eine Unart der Frau sei zu glauben, dass nur das existiere worüber es sich sprechen lässt. Ich bin sowas von Frau. ;)

Mittwoch, 19:00, ich war da. Die meisten der Anwesenden waren erheblich älter als ich, ganz normale Leute, denen man ihre Geschichte nicht im Geringsten ansieht.

Zuerst wurden ein paar Schriften der NAs vorgelesen, ich geb es zu, richtig hingehört hab ich nicht, ich wollte meiner Skepsis nicht erlauben sich an Worten wie "höhere Macht", "Kapitulation" und dergleichen aufzuhängen.

Es gab Kaffee, man durfte rauchen und fremde Leute erzählten von Dingen die mir wahnsinnig vertraut sind.

Das Beeindruckendste war jedoch die Ausstrahlung dieser Menschen, sie wirkten tatsächlich glücklich. Erleichtert, warm, klar.

Die Meisten sind schon lange clean und leben mittlerweile ein geregeltes Leben. Das macht mir Mut. Ich hab bisher noch nie jemanden kennengelernt der "es geschafft" hat, wenn er mal damit angefangen hat.

Einige sind immernoch dabei, andere habe ich nie wieder gesehen, manche haben immer wieder Rückfälle und wiederum andere sind gestorben. Aber dort, an diesen im Viereck aufgestellten Tischen, da sitzen sie, die Inkarnationen meiner Hoffnung.

Ich werde auch nächsten Mittwoch wieder hingehen, einfach nur um zu überprüfen ob sie dann immernoch so gesund und lebendig dort sitzen...

http://de.wikipedia.org/wiki/Narcotics_Anonymous

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Montag, 15. Oktober 2007
Konsequenzen
Ich war vor langer Zeit mal überglücklich diese eine Freundin zu haben. Wir waren eins, nicht zwei. Sie war der Mensch dem ich von Herzen alles Gute wünschte, mit dem ich weinte, an dem ich Anteil nahm.
Meine Mutter fragte mich desöfteren ob ich denn verliebt sei, so oft schwärmte ich von ihr.

Wir teilten uns eine Wohnung, bis sie mich nicht mehr wiedererkannte und ich mir etwas eigenes suchte... wir planten aber wieder zusammen zu ziehen. Jetzt, ganz bald. Ich hab mich drauf gefreut, dachte wir könnten an alte plüschige Mädchentage anknüpfen.

Wir telefonierten eben. "Das musst du doch verstehen, dass ich nicht kann. Ich hab Angst dass du wieder abfuckst."

Ja. Aber es tut weh.

Nun überleg ich mir... Ist ein Uniwechsel eine Woche vor Vorlesungsbeginn arg stressig? Alles ist machbar, das hör ich oft und glaub auch dran. (Nachtrag: ach! Sieh mal einer an! Ernsthaft?)

Aber kann und will ich diese Kraft aufbringen? Ich, die morgen zur Uni gefahren wäre, hätte sie durch Zufall nicht erfahren dass diese erst nächsten Montag beginnt?

Klingt das nach Kompensationshandlung? So wie...alles? Vielleicht tut eine neue Frisur es auch? Oder spricht da die Trägheit?

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Freitag, 12. Oktober 2007
Die von ihnen gewählte Rufnummer...
Mein Handy bleibt aus. Ich werde keinen Schritt vor die Tür gehen. Putzen, Kochen, Wohnung aufräumen, später mit den Kindern Cinderella 2 anschauen - das ist alles was ich heute tun werde.
N. wird versuchen mich zu erreichen. Sie will vorbeikommen, hat Heroin. Wir waren verabredet. Sind es.
Aber ich kann nicht, darf nicht. Ich bin heute streng zu mir. Ich bin heute gut zu mir.

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Eigentlich ein schöner Tag...
ich verbrachte den Tag mit Lesen und damit meinen kleinen, geliebten Neffen meine eigene Version von Cinderella szenisch darzubieten. Die beiden trugen ihre Kürbiskostüme, die für Halloween bestimmt sind, und wurden von mir zu der Kutsche verzaubert, in der ich dann zum Prinz fuhr.

Ich brachte beide ins Bett, telefonierte, sprach mit Freunden über ICQ, las etwas und dann sah ich fern, wurde dessen irgendwann müde und putze mir bei geöffneter Badezimmertür die Zähne, da wechselte das Programm.

Eine Gesprächsrunde über Opfer von sexueller Gewalt, den Folgen die sie davon tragen und den Therapiemöglichkeiten.

Alle Unschuld und Leichtigkeit des Tages spuckte ich vermischt mit der schaumigen Zahnpasta ins Waschbecken.
Ich komme mir dumm vor, so als hätte ich mein Leben kurz mit dem einer anderen verwechselt. Da ist alles wieder, da lacht es mich wieder aus, da kriecht es mir wieder in jede Körperzelle.
Meine Haut ist trocken und schuppig, weiß, die Narben glühen, das Haar wirr, der Blick nicht da. Das bin ich.

Verglichen mit früheren Fotos eine lebende Tote. Ein Geist der keine Ruhe findet. Der nur noch auf Erden weilt, weil der Hass ihn keinen Frieden finden lässt. Der nicht gehen will, bevor nicht der gegangen ist, der all das zu verantworten hat.

Ich hoffe immer noch auf meine kleine Erfolgsgeschichte, ich will ihm zeigen dass er keine Macht über mich hat, dass er mir nicht alles genommen hat, dass ich nicht leide, dass es mir gut geht, dass ich "die Gute" bin. Ich glaubte einmal, dass es so etwas wie ausgleichende Gerechtigkeit gibt, dass nach Regen Sonne kommt...

Ein Dreck kommt. Nichts passiert.

Wenn mein Vater mich umarmt, dann kann ich fast fühlen wie er daran denkt dass du sein kleines Mädchen gefickt hast. Gegen ihren Willen. Dass es geweint hat. Und dass es das für immer tun wird.
Es zerreißt mich.

Mit Schlaf wird das also erstmal nichts...

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Montag, 8. Oktober 2007
Käsekuchen und Koks
So da bin ich wieder. Ich war übers Wochenende in Köln, liebe und, leider, selten gesehene Freunde besuchen.

Im kokaingeschwängerten Experimentiermut habe ich mit O., dem besten Gastgeber aller Zeiten, einen blasphemistisch-guten Käsekuchen gebacken. Mit Nutellaschicht und Karamellkreisen...
(Mist, ich hätte ein Foto machen sollen! Er war perfekt, unübertrieben.)
Dieser wurde dann sehr gemütlich beim "James And The Giant Peach" und "Tideland" schauen, gegessen. Ich hab die Nacht sehr genossen, es ist ein tolles Gefühl wenn man entdeckt dass man mit geschätzten Menschen Schweigen kann und dies das erste Mal tut.

Der Samstag war dann ein Auf und Ab der Gefühle. Nach dem Aufstehen sind O. und ich relativ früh los, weil ich etwas H brauchte, da mein Polamidon nicht ausgereicht hätte bis Dienstag.

Dort wo ich wohne gibt es keine offene Szene und ich bekam mein H immer von Bekannten, was ich auch sehr angenehm finde, wenn man die Beschaffung noch mit einem Kaffee verbinden und das Gekaufte gleich aufkochen kann. Die Zeit vom Erhalt des Heroins bis zum Druck ist meinem Empfinden nach immer die längste.

Nun gab es in Köln aber niemanden den ich kenne, der H hat. Aber eben diese offene Szene...

Ich war schon ein bißchen entzügig als wir aufbrachen und so war ich sehr, sehr dankbar darum, dass O. mir anbot den Einkauf alleine zu tätigen, während ich auf ihn warte, da er befürchtete dass mein sehr nicht-furchteinflößendes Aussehen die "dunklen Gestalten" zu Unhöflichkeiten hinreißen würde.

Ich setze mich also mit einem Milchkaffee an einen der Außentische von Starbucks, dort sollte ich auf O. warten. Und das tat ich lange. Das Entzugsmonster fraß sich immer weiter fett an den Minuten ohne. Ich begann zu frieren, die vielen vorbeieilenden Menschen verursachten mir Schwindelgefühle und als über zwei Stunden vergangen waren, da dachte ich schon O. wäre etwas passiert und beim Weiterspinnen dieses Gedankens kamen mir schon die Tränen.

Ich mobilisierte C. (das Zauberwesen vom Juni!) und M., zwei weitere Freunde die ich im Laufe des Tages treffen wollte, und sie fanden mich frierend und zitternd auf dem mittlerweile viermal gewechselten Außentisch des Starbucks vor. Und, es ist doch immer so, oder? C. und M. hatten sich nichtmal hingesetzt, da entdeckte ich O.'s Gesicht im Menschenstrom. In diesem Moment war die Erleichterung genauso groß wie die, die ich mir später mit der Spritze in die Venen schoß.

O. erzählte uns von seiner, insgesamt drei Stunden andauernden Odysse durch Kölns Halbwelt, in der er zuerst einen Kippenfilter für 30 Euro erstanden hatte und dann mit einer Horde solidarisierender Junks, quer durch die ganze Stadt lief um doch noch in den Besitz von dem von mir heiß Erwarteten zu kommen.

Das hätte ich NIEMALS von irgendjemandem erwartet und ich bin sehr gerührt davon, dass O. Wort hält, dessen ungeachtet dass er meinen Konsum nicht gutheißt.

Als wir dann bei C. ankamen, die uns ihre neue Wohnung präsentierte, setze ich mir mit vor Entzug zitternden Fingern einen Druck. Es war seltsam, was das für Gefühle in mir auslöste. Freude, Schuld, Erleichterung, Scham. Aber am größten war der Ekel. In beiden Armbeugen sind meine Venen dauerhaft verengt durch frühere Abszesse, als ich den Kolben runterdrückte sah es aus als sei meine Vene eine Schlange und das H das Kaninchen dass sich im Schlangenkörper fortbewegt.

Bald brachen O., M. und ich auf, denn ich wollte noch ein bißchen zu M., und O. wollte Schlaf nachholen und ging deswegen nachhause, wo er auf mich wartete.

Einen Teil des Weges legten M. und ich mit dem Fahrrad zurück, ich saß auf dem Gepäckträger und er sang "Raindrops are falling on my head", und ich überlege immernoch aus welchem Film diese Szene ist. (Weiß es jemand?)

Angekommen begannen M. und ich uns einen wahren Krimi an der Konsole meiner Kindheit, dem NES, zu liefern. Mario World 3, in dem ich klarer Gewinner war, und Streetfighter, in dem, ich muss es leider zugeben, M. knapp siegte. Die Zeit verging rasend schnell und gegen ein in der Nacht machte ich mich auf den Weg zu O., dort erzählten wir beide noch und sahen Sitcoms mit Konservenlachen (bildgewordenes Zuhausegefühl!) bis in die frühen Morgenstunden.

Ich mag dieses Wochenende. Freundschaften zu vertiefen, so dass scheinbar "unaufregendes" einfach nur angenehm und kein Loch in der Tagesplanung ist, ist selten und es fühlt sich gut an.

Den Reue-Disclaimer spar ich mir heute. Das Schöne überwiegt.

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Sonntag, 30. September 2007
Katzen und andere Katastrophen
Ich lebe mit zwei Katern zusammen und wäre das hier ein amerikanisches Comig-of-Age-Drama dann hätte ich wohl die Rolle der seltsamen Frau mit den unzähligen Katzen. Naja, obwohl sich zwei ja noch leicht zählen lässt...

Ich befürchte dass sich mein Katzenbestand bald noch um einiges leichter erfassen lassen wird, denn meine Liebsten haben gestern Nacht beschlossen sich zu hassen.

Der kleine zerbrechliche Bambi hat eine Revolution gegen den ranghöheren, unglaublich schweren Kater Liebchen gestartet.
Babygeschrei, Knurren, Fellfetzen, Wunden, verhärtete Fronten. Bei jedem erneuten Blickkontakt wird aus den zwei niedlichsten Katzen der Welt ein schwarz-weißer Kampfball.

Liebchen wurde zu ihrem eigenen Schutz nun bei meiner Schwester untergebracht, Bambi liegt jetzt auf meinem Schoß als ob ihn kein Wässerchen trüben könnte. Ehrlich gesagt kotzt mich das gerade sehr an, aber er ist auch zu lieb um ihn das spüren zu lassen.

Die Aussichten sind nicht gerade die besten: Der Vorbesitzer erzählte mir dass so etwas schonmal aus heiterem Himmel die ganze Katzen-wir-lieben-uns-so-sehr-dass-wir-uns-gegenseitig-saubermachen-Harmonie gestört hat... 4 Monate lang. Und dann von jetzt auf gleich, war wieder alles wie vorher.

Da soll mal jemand sagen Menschen sein kompliziert.

Jedenfalls schlägt Liebchens Abwesenheit sehr auf meine, durch eine schmerzhafte Bronchitis sowieso schon nicht allerbeste, Stimmung.

Weiß jemand Rat zu revierumkämpfenden Katzen? Oder ein gutes Hausmittel um schnell wieder gesund zu werden?

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Montag, 24. September 2007
Des eigenen Glückes Schmied...
der bin wohl, in meinem Fall, ich.
Meine Polamidon-Toleranz ist durch mehrfaches Ausrutschen und Liegenbleiben in letzter Zeit sehr gestiegen. Und wenn ich so weitermache, dann muss ich wohl um ne Dosiserhöhung bitten, was gleich einem Schuldgeständnis kommt.
Ich brauch soviel Ruhe zurzeit.
Mein Kopf macht mich wahnsinnig. Ich hab das Gegenmittel in Döschen und Briefchen. Und Disziplin und Vernunft keine.
Ich bin sauer auf mich.

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Dienstag, 18. September 2007
Mal wieder: Alle Erwartungen übertroffen
Wie soll so ein Wochenende schon enden von jemanden der immer sehr angstrengt beteuert alles im Griff zu haben?

Natürlich bewusstlos und zuckend inmitten der After-Hour. Ob meine Erklärung mir ginge es gut und das sei ganz normal wohl für oder gegen mich gesprochen hat?

Ich will das nicht, ich schäme mich, ich will doch einfach nur mal für ein paar Stunden nicht das Sorgenkind sein. Nunja, zumindest bekomme ich es so nicht mit...

Und hat man daraus gelernt?

Jetzt müssen erstmal die schlechten Gefühle betäubt werden. Wie sinnlos das doch alles ist. Warum tu ich mir das an?

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Samstag, 15. September 2007
Schlaflosigkeit
Der Entzug wurde im Keim erstickt, der Schlaf gleich mit dazu.
Nachdem ich geträumt hatte dass unzählige Männer mir zwischen die Beine sehen wollten und ich mich wehrte und wälzte, und dann ebenso wälzend und wehrend und mitten im Entzug aufgewacht bin, da lässt mich das nicht los.
Ich war schon wach, sah mein Zimmer im bläulichen Morgenlicht aber gedanklich noch so im Traum verhaftet dass ich mich immer noch entblößt fühlte.
Ein russisches Schlaflied* auf Repeat und warmer Kakao werden hoffentlich helfen.


* = wer auch noch schlaflos ist kann es hier: http://www.lastfm.de/music/Natalya+Ivanova gratis runterladen.

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Als ob man mit den Fingern an einer Tafel kratzt...
und dieses Gefühl den ganzen Körper einnimmt, aber nie aufhört, egal in welche Richtung man seinen Körper biegt um diesem Schmerz zu entgehen.

So fühlt sich ein anfänglicher Entzug an, das erste deutliche Zeichen. Wie es nach ungefähr vier Tagen aussieht, dann wenn auch das restlichen Polamidon von den Synapsen bröckelt und diese mit Schmerzen nach neuen zarten Besatzern schreien, dass will ich momentan noch gar nicht wissen. Im Gegensatz zum H-Entzug baut sich der von Polamidon/Methadon langsam auf und will kaum gehen, die Beschwerden können teilweise einen Monat anhalten, die psychischen noch weit länger.

Aber das liegt in der Zukunft. Der Vorgeschmack der mich gerade aus dem Schlaf riss und mich ängstigt ist real und wird in ungefähr 20 Minuten verschwinden, denn dann hat das vor einigen Minuten eingenommene Polamidon endlich die Synapsen erreicht.

20 Minuten können abartig lange sein, wenn sogar die Bedienung eines Feuerzeuges eine unerträgliche Folter ist.

Wie lang sind dann erst 4 Wochen?

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